„Warum soll ich denn so viel Kursgebühr bezahlen? Im Internet gibt’s das alles umsonst! Und die Kursleiter die wollen bloß reich werden! Was ich von dem Geld Stoffe kaufen kann…“
Fundstücke aus Social Media Diskussionen…
… und ja, viele von uns sind nicht unbedingt Großverdiener, die sich alles einfach so leisten können.
Trotzdem bin ich bekennender Kursfan, sowohl als Kursteilnehmer als auch als Kursleiter. Warum? Sicher nicht, weil ich von den Kursgebühren reich werde – aber dazu später…
Corona hat mir da die Augen geöffnet, denn mein letztes aktives Lehrerjahr fand großteils im Onlineunterricht statt. Über die technischen Probleme (Sind jetzt alle da? Warum kann ich dich nicht hören/Meine Kamera funktioniert nicht…) möchte ich hier gar nicht reden, die habt ihr sicher selbst genossen.
Aber dass mir Kinder gesagt haben: „Ich bin so froh, dass ich wieder zur Schule kommen darf!“ „Immer allein zu Hause ist echt doof!“ „Hier ist es viel lustiger, mit meinen Freunden zusammen!“ „Hier können Sie mir viel besser helfen und ich verstehe mehr!“ war mir vorher noch nie passiert!
Und gilt das nicht auch für Patchworkkurse?
Ich gehe allein oder mit einer Freundin dorthin und treffe in jedem Fall neue Quilterinnen, mit denen ich mich austauschen kann. Manchmal entstehen dabei Freundschaften fürs Leben, so wie bei mir und meiner amerikanischen Freundin Linda. Der Kurs fand vor ca. 30 Jahren statt, die Freundschaft besteht immer noch.
Zu Hause hätte ich alles griffbereit. Wenn ich im Kurs irgendwas vergessen habe – hilft mir sicherlich irgendjemand aus. Das habe ich noch nie anders erlebt!
Ich kann direkt fragen, wenn ich etwas nicht verstanden habe, es mir noch einmal zeigen lassen.
Die Kursleiterin schaut mir über die Schulter und kann rechtzeitig eingreifen, wenn ich einen Fehler mache. Vielleicht macht mich auch meine Nachbarin darauf aufmerksam.
Ich habe zwar für einen bestimmten Kursinhalt bezahlt, aber in der Regel gibt es nebenbei noch unzählige Tipps, Tricks und Anregungen, sowohl vom Kursleiter als auch von anderen Teilnehmern.
Und … es hat eine Weile gedauert, bis ich gemerkt habe, was mir bei Onlinekursen am meisten fehlt: Das leise Erzählen mit den Nachbarn, während gearbeitet wird, und das gemeinsame Lachen, wenn etwas schiefläuft oder auch besonders gut gelingt!
Der direkte Umgang mit den Menschen macht den Unterschied! Und dazu kommt noch der Wellnessfaktor!
Ich habe frei!!! Ich fahre irgendwohin, wo ich mich nicht mit meinen Alltagsproblemen herumärgern muss, zumindest, wenn ich mein Handy lautlos schalte und nicht ständig draufschaue.
Ich gehe irgendwo schön essen, habe ein nettes Zimmer, vielleicht gibt es auch ein nettes Abendprogramm…
Meine Familie wird selbstständiger und lernt es schätzen, wenn ich wieder zu Hause bin!
Wie habe ich diese Wochenenden genossen, als die Kinder noch klein waren! Und wie viel Energie haben sie mir gegeben!
Und zum Thema Kursgebühr:
Das ist ähnlich, wie wenn man einen Quilt verkaufen will. Was darf er kosten?
Nur die Materialkosten und ein Taschengeld?
Oder rechne ich zur reinen Nähzeit auch die Zeit für Entwurf, Stoffauswahl, Probeblocks, Nähmaschinenabnutzung……?
(Ein sehr interessanten Artikel dazu: https://www.bug-and-bee.de/quilt-kosten/ )
Mit Kursen ist das ähnlich: Für mich als Kursleiterin geht der Kurs ja nicht nur von 9-17 Uhr! Das fängt ja schon viel früher an:
Thema überlegen
Werkstück(e) nähen und dabei viele der möglichen Fehler selber machen und wieder ausbügeln
Ablauf planen, Arbeitsmaterialien erstellen (Arbeitsblatt? Präsentation? …)
Ausschreibungstext und Materialliste schreiben, Fotos beifügen
Veranstalter suchen (VHS, Gilde, …) oder selbst den Kurs bewerben, die Anmelde- prozedur durchführen, Fragen beantworten und passende Räume anmieten (Risiko!)
Material richten und hin und her transportieren
Kursraum herrichten und hinterher wieder aufräumen
unterrichten
Und möglicherweise fallen auch für mich Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten an…
Merkt ihr was???
Aber am Ende ist das Ausschlaggebende das direkte Miteinander, das gemeinsame Lachen, die Tipps und Ideen, die von Kursteilnehmern eingebracht werden, die strahlenden Blicke, wenn es endlich klappt und etwas Schönes entsteht – und vielleicht das gemeinsame Abendessen nach dem Kurs und Kontakte, die bestehen bleiben….
Liebe Grüße Jutta
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